Ist neue Bienenrasse eine Gefahr?
Der Eppendorfer Imker Kurt Seidel sieht seine Carnica- durch Buckfast-Bienen bedroht. Andere Fachleute widersprechen.
Eppendorf/Flöha. Imker Kurt Seidel ist aufgebracht. Seit über 50 Jahren arbeitet er mit Carnica-Bienen. Weil seiner Meinung nach die jungen Imker verstärkt auf die aus England stammende Rasse Buckfast setzen, hat er sich an den Landesverband Sächsischer Imker gewandt und in einem Brief um Stellungnahme gebeten. Er sieht seine Bienenhaltung in Gefahr.
Für den Eppendorfer gibt es wegen der Buckfast-Bienen gleich mehrere Probleme: "Die neue Kreuzung aus Carnica und Buckfast ist hektisch, diese Bienen stechen vermehrt", sagt Kurt Seidel. Außerdem seien sie nicht mehr beutetreu und verstärkten den Schwarmbetrieb. Kurt Seidel schwört auf Carnica- Bienen, auch Kärntner Bienen genannt. "Unsere Vorfahren haben diese Rasse so gezüchtet, dass es eine friedliche Bienenrasse geworden ist", sagt der 87-Jährige. Ende der 1960er-Jahre begann er, Bienen zu halten. Heute besitzt er 30 Völker, teils in den alten Bienenbeuten seines Onkels beheimatet.
Den jungen Imkern werde vermutlich versprochen, dass die englischen Bienen mehr Honig liefern als die alte deutsche Carnica-Biene. "Das ist in meinen Augen aber Blödsinn", sagt der Imker. Er ernte pro Volk im Jahr um die 30 bis 40 Kilogramm Honig. In Spitzenzeiten seien es durchaus auch 50 Kilogramm. Die Buckfast hingegen seien die harten Winter nicht gewöhnt. Während nach einem strengen Frost ihre Zahl in den Beuten oftmals sehr dezimiert sei, überlebten die Carnica-Bienen selbst tiefste Temperaturen. "Unsere Carnica ruht im Winter und fährt ihre Temperatur herunter. Die Buckfast-Bienen müssen sich in der Beute bewegen, um 36 Grad Temperatur für ihre Brut zu erzeugen. Deshalb gibt es bei ihr keine Winterruhe. Diese Biene passt hier einfach nicht rein", ist Kurt Seidel überzeugt.
Der Landesverband Sächsischer Imker habe ihm jedoch auf seine Kritik geantwortet, dass man den Import nicht verbieten und den Imkern nicht vorschreiben könne, welche Bienen sie halten. Damit ist der 87-Jährige nicht zufrieden. "Bei uns im Bienenzuchtverein Gahlenz-Eppendorf gibt es nur die Carnica-Rasse. Aber in anderen Orten sind mehr und mehr Buckfast auf dem Vormarsch."
"Die Carnica-Biene ist keine einheimische Biene. Sie wurde in den 1930er- bis 1940er-Jahren aus Kärnten in Österreich importiert", widerspricht Falk Meyer. Der Flöhaer ist seit 20 Jahren Imker. Mit der Carnica sei die einheimische, die Dunkle Europäische Biene in Deutschland vollständig ausgerottet worden. Die Carnica habe mehrere Vorteile: Sie sei sanftmütiger, schwarmträger, baue größere Völker auf und bringe dadurch auch mehr Honig. Falk Meyer selbst hatte mit der Landbiene, einem Sammelbegriff für eine nicht genau bestimmbare Bienenrasse, begonnen und später Zuchtköniginnen von Carnica-Bienen gekauft. Diese Biene nutzte er etwa zehn Jahre. Seit 2009 und einer kurzen Versuchszeit und dem direkten Vergleich zwischen Carnica- und Buckfast-Bienen stellte er jedoch seine Betriebsweise um. Seit dieser Zeit hält und züchtet der Imker selbst Buckfast-Königinnen. "Für mich gibt es keine bessere Biene", sagt Meyer und widerspricht Seidels Behauptung, diese Völker seien stechfreudiger. "Ich kann diese Völker ohne Schutz bearbeiten. Beide Bienenrassen haben ihre Berechtigung."
Auch der Landesverband Sächsischer Imker widerspricht Kurt Seidel. Die Begründung: "... sonst würden nicht so viele Imker die Buckfast-Biene in unserer Region halten." Der Verband sehe keine Probleme bei Kreuzung von Reinzucht-Carnica-Bienen und -Buckfast-Bienen, heißt es auf Anfrage. Würde man regelmäßig eine neue Königin kaufen und sie von Reinzucht-Drohnen begatten lassen, wie es auf Belegstellen möglich ist, wäre dies der Idealzustand, und es gäbe keine Probleme. "Jedoch die Verpaarung von F1- und F2-Hybriden ist problematisch, und dauerhafte Standbegattungen entwickeln die von Herrn Seidel geschilderten Eigenschaften", so die Obleute des Landesverbands. Mit F1- und F2-Hybriden sind die nachfolgenden Generationen der Kreuzungen gemeint. Würden diese sich ständig unkontrolliert weiterkreuzen, entwickeln sich stechfreudige Bienen.
Von Claudia Dohle (Text und Fotos)
erschienen am 20.06.2018
freiepresse.de/LOKALES/MITTELS…efahr-artikel10239034.php
Der Eppendorfer Imker Kurt Seidel sieht seine Carnica- durch Buckfast-Bienen bedroht. Andere Fachleute widersprechen.
Eppendorf/Flöha. Imker Kurt Seidel ist aufgebracht. Seit über 50 Jahren arbeitet er mit Carnica-Bienen. Weil seiner Meinung nach die jungen Imker verstärkt auf die aus England stammende Rasse Buckfast setzen, hat er sich an den Landesverband Sächsischer Imker gewandt und in einem Brief um Stellungnahme gebeten. Er sieht seine Bienenhaltung in Gefahr.
Für den Eppendorfer gibt es wegen der Buckfast-Bienen gleich mehrere Probleme: "Die neue Kreuzung aus Carnica und Buckfast ist hektisch, diese Bienen stechen vermehrt", sagt Kurt Seidel. Außerdem seien sie nicht mehr beutetreu und verstärkten den Schwarmbetrieb. Kurt Seidel schwört auf Carnica- Bienen, auch Kärntner Bienen genannt. "Unsere Vorfahren haben diese Rasse so gezüchtet, dass es eine friedliche Bienenrasse geworden ist", sagt der 87-Jährige. Ende der 1960er-Jahre begann er, Bienen zu halten. Heute besitzt er 30 Völker, teils in den alten Bienenbeuten seines Onkels beheimatet.
Den jungen Imkern werde vermutlich versprochen, dass die englischen Bienen mehr Honig liefern als die alte deutsche Carnica-Biene. "Das ist in meinen Augen aber Blödsinn", sagt der Imker. Er ernte pro Volk im Jahr um die 30 bis 40 Kilogramm Honig. In Spitzenzeiten seien es durchaus auch 50 Kilogramm. Die Buckfast hingegen seien die harten Winter nicht gewöhnt. Während nach einem strengen Frost ihre Zahl in den Beuten oftmals sehr dezimiert sei, überlebten die Carnica-Bienen selbst tiefste Temperaturen. "Unsere Carnica ruht im Winter und fährt ihre Temperatur herunter. Die Buckfast-Bienen müssen sich in der Beute bewegen, um 36 Grad Temperatur für ihre Brut zu erzeugen. Deshalb gibt es bei ihr keine Winterruhe. Diese Biene passt hier einfach nicht rein", ist Kurt Seidel überzeugt.
Der Landesverband Sächsischer Imker habe ihm jedoch auf seine Kritik geantwortet, dass man den Import nicht verbieten und den Imkern nicht vorschreiben könne, welche Bienen sie halten. Damit ist der 87-Jährige nicht zufrieden. "Bei uns im Bienenzuchtverein Gahlenz-Eppendorf gibt es nur die Carnica-Rasse. Aber in anderen Orten sind mehr und mehr Buckfast auf dem Vormarsch."
"Die Carnica-Biene ist keine einheimische Biene. Sie wurde in den 1930er- bis 1940er-Jahren aus Kärnten in Österreich importiert", widerspricht Falk Meyer. Der Flöhaer ist seit 20 Jahren Imker. Mit der Carnica sei die einheimische, die Dunkle Europäische Biene in Deutschland vollständig ausgerottet worden. Die Carnica habe mehrere Vorteile: Sie sei sanftmütiger, schwarmträger, baue größere Völker auf und bringe dadurch auch mehr Honig. Falk Meyer selbst hatte mit der Landbiene, einem Sammelbegriff für eine nicht genau bestimmbare Bienenrasse, begonnen und später Zuchtköniginnen von Carnica-Bienen gekauft. Diese Biene nutzte er etwa zehn Jahre. Seit 2009 und einer kurzen Versuchszeit und dem direkten Vergleich zwischen Carnica- und Buckfast-Bienen stellte er jedoch seine Betriebsweise um. Seit dieser Zeit hält und züchtet der Imker selbst Buckfast-Königinnen. "Für mich gibt es keine bessere Biene", sagt Meyer und widerspricht Seidels Behauptung, diese Völker seien stechfreudiger. "Ich kann diese Völker ohne Schutz bearbeiten. Beide Bienenrassen haben ihre Berechtigung."
Auch der Landesverband Sächsischer Imker widerspricht Kurt Seidel. Die Begründung: "... sonst würden nicht so viele Imker die Buckfast-Biene in unserer Region halten." Der Verband sehe keine Probleme bei Kreuzung von Reinzucht-Carnica-Bienen und -Buckfast-Bienen, heißt es auf Anfrage. Würde man regelmäßig eine neue Königin kaufen und sie von Reinzucht-Drohnen begatten lassen, wie es auf Belegstellen möglich ist, wäre dies der Idealzustand, und es gäbe keine Probleme. "Jedoch die Verpaarung von F1- und F2-Hybriden ist problematisch, und dauerhafte Standbegattungen entwickeln die von Herrn Seidel geschilderten Eigenschaften", so die Obleute des Landesverbands. Mit F1- und F2-Hybriden sind die nachfolgenden Generationen der Kreuzungen gemeint. Würden diese sich ständig unkontrolliert weiterkreuzen, entwickeln sich stechfreudige Bienen.
Von Claudia Dohle (Text und Fotos)
erschienen am 20.06.2018
freiepresse.de/LOKALES/MITTELS…efahr-artikel10239034.php
"Der Imker ist nicht der Meister seiner Bienen sondern ihr Diener"